Oktober 1, 2020

Wohin mit zwei E-Bikes?

E-Bikes sind schon eine tolle Sache, haben aber einen entscheidenden Nachteil – das Gewicht. Im normalen Alltag fällt dies kaum auf, nur beim Wohnmobil stellte es mich wirklich auf die Probe. Ich erinnere mich noch immer an den ersten Versuch, die jeweils 25kg auf den Heckträger zu hieven. Als das Zweite drauf sollte, war dann Schluss für mich. Meine Frau, die mir fortan helfen sollte, fragte mich, ob es nicht Fahrradträger gibt die wie ein Lift funktionieren und ob ich bis zum obligatorischen Osterurlaub in Italien eine Lösung hätte. Lift gibt es – zwar teurer, aber kein Problem. ITALIEN? – Meine Urlaubserinnerungen – je weiter südlich, desto schlechter die Straßen (An alle Italiener : Euer Land ist eins der schönsten Reiseziele, ever!). Solche Straßen kann man auch in Deutschland und anderswo finden – Bahnübergänge in Schrittgeschwindigkeit überqueren oder auf Kreisstraßen mit nicht ausgebesserten Frostschäden und das ständige Ausweichen sind hierfür die besten Beispiele. In den Erinnerungen schwelgend, schloss ich die Augen, sah mein Womi von hinten mit E-Bikes drauf, und fragte mich welche Kräfte da wohl an der Heckwand wirken? Könnte das ein Problem werden?

Wenn man keine Probleme hat macht sich einfach welche, oder? Unser vorheriges Wohnmobil hatte eine tolle Garage, dort haben wir sogar manchmal unseren 50er Roller transportiert. Das jetzige hat keine, wir haben uns bewusst für unser „wie zu Hause fühlen“ entschieden – mit dem wirklich großen Nachteil der fehlenden Garage.

Und schon wieder begann eine interessante Internetrecherche, gespickt von fragwürdigen Meinungen/Aussagen, vereinzelter Erfahrungsberichte von beschädigten Rückwänden und wie immer den damit verbundenen Schwierigkeiten die Spreu vom Weizen zu trennen, um am Ende des Tages doch wieder eine Entscheidung für sich selbst zu treffen.

Best of Internet (sinngemäß) : „Wenn 60kg auf dem Träger steht, kann ich den auch mit 60kg beladen. Wenn die Wand trotz richtiger Beladung (60kg) beschädigt wird, haftet der Hersteller/Verkäufer“. Aha, also wenn ich beim Auto eine Stützlast von 50kg auf der Anhängerkupplung habe und einen Träger für 80kg + 20kg Eigengewicht installiere und belade, dann zahlt der Hersteller das Bußgeld? – Gut zu wissen!

Folgende Optionen standen zur Auswahl :

  1. Vorhandenen Heckträger nutzen
  2. Heckträger durch Träger mit Liftfunktion ersetzen
  3. Träger für die Anhängerkupplung
  4. Rahmenverlängerung mit Bühne

Standard-Heckträger (keine explizite E-Bike Zulassung vom Womi-Hersteller vorhanden)

Wie bereits erläutert, kann Gewicht in die Höhe bringen ein Problem sein oder werden. Weiterhin werden die E-Bikes, nicht wie unsere normalen Räder aufgrund der Breite in die Schiene 1 und 2/3 eingesetzt, sondern in Schiene 2 (Lenker normal) und 4 bzw. 1 (Lenker gedreht) und 3. Hierbei sind verstärkte Schienen oder ein versetzen u.U. zusätzlich fällig. Somit ist der Schwerpunkt weiter von der Rückwand entfernt als vorher und das bei wesentlich höherem Gewicht. Der Träger selbst kann zumeist 50kg tragen (bitte bei jedem Träger selbst ermitteln), die Rückwand (laut ungeprüften Aussagen) z.B. bei Eura Mobil nur 50kg – bei 10kg Eigengewicht des Trägers sollte ich nur 40 laden können? Ich glaube ein Hersteller hat sehr, sehr gute Gründe dafür eine Beschränkung anzugeben. Diese Beschränkung fiel vor einigen Jahren nicht so sehr ins Gewicht und war/ist daher oftmals auch unbekannt, da zwei Erwachsenräder + zwei Kinderräder nah an der Rückwand an den maximalen Werten nur kratzten. Ob ein vorinstallierter E-Bike-Träger vom Womi-Hersteller (zumeist einhergehend mit Verstärkungen und Prüfung) auch wirklich hält was er verspricht kann ich nicht beurteilen – das muss die Zeit zeigen.

Fazit : Risiko „Rücken“, Risiko „Wand“, günstigste Lösung (da meist vorhanden)

Lift-Heckträger

Diese Option löst das Problem mit dem Beladen des Heckträgers wunderbar – aber der Träger selbst hat ein höheres Gewicht als der normaler Heckträger und evtl. vorhandene Schienen können nicht genutzt werden. Beispielgewichte : Thule Sport G2 Standard 8,2kg, Thule Lift V16 manuell 17kg, BR-SYSTEMS BIKE LIFT (Elektr.) 20kg – mit „Gewicht“ erhöht sich scheinbar auch der Preis ;-). Insgesamt bedeutet dies bei meiner „ich-vertrage-nur-50kg-Heckwand“, dass ich bei der bequemsten Lösung nur noch 30kg für die Fahrräder übrig hätte.

Fazit : Risiko „Wand“ wird erhöht, bequemste Variante, teurer als Standard

Träger für die Anhängerkupplung

Wenn ich ehrlich bin, mochte ich diese Lösung schon nicht für den PKW. Ich hatte immer das Gefühl, so ein Ding löst sich samt Fahrrädern bei Tempo 100 von der AHK und die Fahrer nach mir haben wirklich Probleme mit dem schlitternden Paket umzugehen, das ihnen dann entgegenkommt. So wie ich beim Heckträger bewusst nach Informationen im Internet gesucht habe, bei denen es Probleme gab, suchte ich nun hier nach positiven Berichten und fand eine/mehrerer Bewertung(en) der guten alten Stiftung Warentest sowie Aussagen von ADAC und Co. Das größte Risiko hierbei liegt, mit Berücksichtigung Stand der Technik AHK + Träger, zumeist in der Befestigung des Trägers und der regelmäßigen Kontrolle durch den Fahrer – also etwas was ich selbst in der Hand habe. Das Hindernis bestand für mich in der fehlenden AHK.

Fazit : Kein Risiko „Wand“, hoher Preis (wenn keine AHK), AHK kann für andere Zwecke verwendet werden

Rahmenverlängerung mit Bühne

Eins vorweg: Ich war schlicht begeistert von dieser Option und den zusätzlichen Möglichkeiten. Anstelle der Fahrräder kann da die 50er drauf oder eine Box für Fahrräder oder oder – da gibt es richtig gutes Zubehör. Allerdings ist hier die Auswahl des Trägers selbst auf wenige Hersteller begrenzt und preislich unterscheiden sich diese nicht mehr stark von einander. Technologisch gibt es eine festverbaute und eine abnehmbare Variante. Den Einbau macht zumeist ein Fachbetrieb zu den üblichen Sätzen oder man nutzt All-Inklusive beim Hersteller, muss aber auch hinfahren. Das Zubehör kommt natürlich on the top. Bei den verschiedenen Ausführungen kann es auch Auswirkungen auf Zulassung oder Fahrzeuglänge geben – dies konnte und wollte ich aber nicht weiter prüfen, ist schließlich in der Hoheit Hersteller/Installationsbetrieb.

Fazit : Kein Risiko „Wand“, hoher Preis, gute Möglichkeit auch eine Garage zu simulieren (Box)

Mein Kompromiss – E-Bikes auf AHK-Träger

Aufgrund der Problemstellung kamen nur die Optionen 3 und 4 in Frage. Ich entschied mich für die AHK-Lösung. Der Hauptgrund lag in der zusätzlichen Nutzung für Anhänger und nebenbei die Verfügbarkeit einer AHK für mein Eura Mobil TA 570HS out-of-the-box. Diese konnte ich mit meinem Sohn zusammen einbauen, Kabel wurden mitgeliefert und selbst „verlegt“. (Kosten 700€, Dauer ca. 3 Stunden). Als Träger habe ich von MFT den Multicargo 2 Family mit den notwendigen Erweiterungen Fahrrad 3 + 4 im Einsatz (über Ebay). Bei diesem kann ich preisgünstig durch zwei Rohrverlängerungen den Abstand der Rückleuchten (max. 40cm von Fahrzeugkante) gem. StVZO §53 Abs.1 einhalten. Wem das egal ist, kann aber auch aus vielen Modellen wählen – es gibt auch StVZO Varianten, diese lassen sich die Hersteller jedoch scheinbar vergolden, wie vieles beim Womi.
Das Standard-Angebot meines KFZ-Betriebes für AHK + Thule E-Biketräger lag bei rund 2100€ – ich habe für meine Lösung 900€ bezahlt zzgl. 3 tolle Stunden mit Sohn verbracht.

Lessons learned

  • Die Risikobereitschaft mancher Womi-Fahrer kennt (scheinbar) keine Grenzen – aber vielleicht bin ich auch nur zu „Mimimi“ für diese Welt. Ich persönlich halte den Eintritt des Risikos einer kostenaufwändigen Reparatur Rückwand oder Wasserschaden durch eintretende Feuchtigkeit an den Verbindungen zur Seitenwand im Laufe der Zeit bei meinem Modell für wahrscheinlich.

  • Manche Erfahrungsberichte über Schäden reichen vielleicht nicht, allein aus der „Überlastung“ auf den Schaden zu schließen. Andererseits hatten Womi-FahrerInnen ohne diese Art der Überlastung die Probleme scheinbar nicht. Leider gibt es keine belegbaren Zahlen hierüber.

  • Bitte niemals die Achslasten aus den Augen lassen! Egal bei welchem System!

  • Auf vielen Fähren und anderen, auf Fahrzeuglänge basierenden Transportwegen bitte die Auswirkungen Träger, AHK oder Bühne berücksichtigen. Bsp. Fähre nach Amrum nur +10€ weil AHK-Träger als Heckträger zählt. Aber das ist jetzt vielleicht Erbsenzählerei.